Trigger als Sprache des inneren Kindes

Plötzlich ist es da. Dieses Gefühl von Enge. Wut. Scham. Angst. Eine scheinbar harmlose Bemerkung, ein Blick, eine Geste – und etwas in uns reagiert heftig, fast übertrieben. Der Verstand sagt: Das war doch gar nichts. Doch der Körper, das Herz, das Nervensystem erzählen eine andere Geschichte.
Solche emotionalen Reaktionen werden heute oft als „Trigger“ bezeichnet. Sie scheinen willkürlich, unangenehm, unpassend. Doch was, wenn sie in Wahrheit etwas sehr Wertvolles sind? Ein Echo aus der Vergangenheit. Eine Botschaft des inneren Kindes. Eine Einladung zur Heilung.
Was ist ein Trigger – und warum trifft er uns so tief?
Der Begriff „Trigger“ stammt ursprünglich aus der Traumatherapie. Gemeint ist ein äußerer Reiz, der ein altes, oft unbewusstes inneres Muster aktiviert. Es kann sich anfühlen wie eine plötzliche Welle – von Traurigkeit, Wut, Hilflosigkeit, Fluchtimpuls oder kompletter Erstarrung. Was für andere banal erscheint, wird für die betroffene Person zu einem inneren Ausnahmezustand.
Trigger sind keine Zeichen von Schwäche. Sie zeigen vielmehr, dass eine alte Wunde berührt wurde – eine Erfahrung, die damals vielleicht zu viel war, um verarbeitet zu werden. Und genau hier beginnt die Verbindung zum inneren Kind.
Das innere Kind spricht durch den Schmerz
Das innere Kind steht für den Teil in uns, der erlebt, fühlt, wahrnimmt – ungefiltert, offen, verletzlich. Es ist jener Teil, der in der Kindheit geprägt wurde: durch Liebe, aber auch durch Mangel, Zurückweisung oder Überforderung. Wenn wir heute getriggert werden, reagiert oft nicht unser erwachsenes Ich – sondern dieses jüngere Selbst, das sich erinnert, ohne dass wir es bewusst merken.
„Trigger sind wie Türklopfer der Seele“, sagt die Psychologin und Körpertherapeutin Julia van Dorn. „Sie wollen uns nicht zerstören, sondern an etwas erinnern, das gesehen und gehalten werden möchte.“
Das bedeutet: In jedem Trigger liegt eine Botschaft. Nicht aus dem Jetzt, sondern aus dem Damals. Und wer bereit ist, zuzuhören, entdeckt oft tief verborgene Emotionen, Bedürfnisse und ungelöste innere Konflikte.
Warum Verdrängen nicht funktioniert
Die meisten Menschen lernen früh, unangenehme Gefühle zu vermeiden. „Reiß dich zusammen“, „Sei nicht so empfindlich“, „Das bildest du dir nur ein“ – solche Sätze wirken wie innere Filter, die verhindern, dass wir Trigger ernst nehmen. Stattdessen kompensieren wir: mit Rückzug, Kontrolle, Anpassung, Überarbeitung oder Beziehungskonflikten.
Doch das, was nicht gefühlt wird, bleibt im System. Und es meldet sich – früher oder später. In Form von Triggern, psychosomatischen Symptomen, innerer Unruhe oder dem ständigen Gefühl, „irgendetwas stimmt nicht mit mir“. Die Wahrheit ist: Es stimmt etwas – aber nicht mit dir, sondern in dir. Und das darf gehört werden.
Der Weg durch den Trigger: 5 heilsame Schritte
Wie kann man mit Triggern bewusst umgehen – ohne sich selbst zu verlieren oder in alten Mustern stecken zu bleiben? Es braucht vor allem eines: Mitgefühl. Für das innere Kind. Für die eigene Geschichte. Und für den Mut, hinzusehen.
1. Erkenne den Trigger – ohne dich zu verurteilen
Wenn du emotional heftig reagierst, halte kurz inne. Atme. Benenne, was du fühlst. Allein die Anerkennung kann schon Druck herausnehmen.
2. Frage dich: Was erinnert mich das?
Oft führen Trigger direkt zu alten Dynamiken. Vielleicht fühlst du dich plötzlich klein, beschämt, übersehen oder ausgeliefert – Gefühle, die du aus der Kindheit kennst.
3. Verbinde dich mit deinem inneren Kind
Sprich innerlich mit ihm: Ich sehe dich. Du bist nicht falsch. Du bist nicht allein. Diese innere Rückversicherung kann heilsamer sein als jede Analyse.
4. Halte den Raum für das Gefühl – ohne Flucht oder Drama
Lass das Gefühl da sein, ohne es zu unterdrücken oder dich hineinziehen zu lassen. Manchmal hilft es, es aufzuschreiben, zu malen oder dich bewusst zu bewegen.
5. Finde das unerfüllte Bedürfnis hinter dem Trigger
War es Sicherheit? Nähe? Wertschätzung? Wenn du das erkennst, kannst du beginnen, dir diese Qualität heute bewusst zu geben – nicht von außen, sondern aus dir selbst heraus.
Trigger als Wegweiser zur inneren Freiheit
So unangenehm sie sind – Trigger tragen das Potenzial zur tiefsten Transformation in sich. Sie zeigen uns, wo wir noch unbewusst leben, wo das innere Kind noch wartet, wo die Vergangenheit noch Einfluss auf unsere Gegenwart hat.
Indem wir sie nicht länger bekämpfen, sondern verstehen, verwandeln wir Schmerz in Bewusstsein. Und genau hier beginnt Heilung – nicht durch Vermeidung, sondern durch liebevolle Hinwendung.
Denn das innere Kind in dir braucht keine Perfektion. Es braucht nur eines: deine Präsenz.